(Ex)Bundeskanzler Gerhard Schröder am 5. Mai 2003 mit Reinhold Würth vor Studenten der Universität Karlsruhe nachdem er den Studenten die “Notwendigkeit” des Sozialabbaus durch die “Agenda 2010” erklärt hatte. |
Sie kennen die Studie “Wenn das Geld fließt wie der Nil in der Wüste”?
Wenn nicht, lesen Sie diese bitte zuerst:
[Modelle/Der Nil] “Wenn das Geld fließt wie der Nil in der Wüste”]
Die Studie [Modelle/Der Nil] “Wenn das Geld fließt wie der Nil in der Wüste”] beweist, dass es früher oder später zum Zusammenbruch einer Wirtschaft kommt, wenn Vermögens- und Einkommenskumulationen bei natürlichen Personen rechtlich unbegrenzt möglich bleiben.
Dieter Hundt und Edmund Stoiber im März 2010
Werner Otto, Bundesbankpräsident Karl Klasen,
Bundeskanzler Helmut Schmidt und Michael Otto 1979
Werner Otto mit Helmut Schmidt
An dieser Stelle wird der Frage nachgegangen, wie es sein kann, dass die Politik nicht schon längst auf diesen volkswirtschaftlichen Zusammenhang reagiert hat. Die Befunde wie Massenarbeitslosigkeit, Überschuldungen privater und öffentlicher Haushalte, immer heftiger werdende Konjunkturkrisen, massenweise Insolvenzen und Armut, die seit den 70er Jahren erkannt und öffentlich diskutiert werden, müssten doch längst zu wirksamen gesetzlichen Konsequenzen geführt haben. Die gegenwärtigen Debatten zwischen den Parteien und innerhalb der Parteien, mit den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, lassen zudem nicht einmal im Ansatz erkennen, dass dort das Problem des “Nils in der Wüste” erkannt worden wäre.
Werner Otto mit Angela Merkel 2002
Christiane und Johannes Rau
mit Werner Otto Juni 2003
Werner Otto mit Helmut Schmid März 2003
Die Rezepte zur Lösung der Probleme, die seit wenigstens 30 Jahren angeführt werden, lassen ein unzutreffendes Bild von unserer Geldwirtschaft in den Köpfen vermuten. Unter Verwendung der Geldfluss-Diagramme der eingangs genannten Studie lässt sich dieses Bild folgendermaßen skizzieren: Der rechte Teil, also der Bereich der hohen (Kapital)Einkommen der Reichen wird nicht wahrgenommen. Der rechte Teil der Realität
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Es ist wie ein blinder Fleck und wie falsch verstandene Bibeltreue (rechts). Die Einkommenskonzentrationen und deren stetiges und rasantes Anwachsen werden nicht erkannt.
Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (Daten und Fakten (Materialband) http://www.bma. bund.de/de/sicherung/armutsbericht/ARBBericht01.pdf) macht dies deutlich, obwohl er doch gerade ein umfassendes Bild abgeben soll: “In den bisherigen Einkommensanalysen waren hohe Einkommen aus unterschiedlichen methodisch bedingten Gründen ausgeklammert. So beschränkt sich die EVS auf Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis 35.000 DM. Erstmals konnte für den Armuts- und Reichtumsbericht die Lohn- und Einkommensteuerstatistik 1995 (ESt-Statistik) als Informationsquelle für Analysen zu höheren Einkommen herangezogen werden.” (Bericht S. 35) “Der Mittelwert lag 1995 bezogen auf alle Steuerpflichtigen bei 66.823 DM Bruttojahreseinkommen und damit die 200%-Grenze bei 133.646 DM; die Abgrenzungen für die 10% und 5% Reichsten liegen nicht weit davon entfernt bei 116.801 und 148.628 DM. Damit verdienen 95% aller Einkommensbezieher weniger als 148.628 bzw. netto 95.510 DM.” (Bericht S. 35/36) Diese Beträge, die als die Durchschnittsjahreseinkommen der Reichsten dieses Landes angeführt werden, stehen im krassen Widerspruch zur Höhe der Vermögen, die von vielen Reichen angeblich nicht ererbt, sondern durch eigene Arbeit verdient wurden. Ich möchte das hier nicht vertiefen und verweise nur auf [Fakten/Stundenlöhne] “Die Vermögen und ‘Stundenlöhne’ der reichsten Deutschen”.
Als weiteren Beleg möchte ich die Erfahrungen der Journalisten des Beitrags im manager magazin über die 100 reichsten Deutschen 2002 anführen: http://www.manager-magazin.de/koepfe/reichste/0,2828,183500,00.html
Hinzu kommt, dass die Geldmenge so rasant wächst, dass kaum jemand das Gefühl hat, persönlich an Kaufkraft zu verlieren ([Fakten/Einkommen] “Die Einkommensentwicklung steht Kopf”).
(Anmerkung 2007: Es ist keine Frage, dass dieser blinde Fleck von einigen, die davon profitieren, absichtlich vergrößert wird. Der “Hamburger Appell” ist dafür eine eindrucksvolle Demonstration.)
Günther Fielmann mit Altkanzler:
Die Folgen des blinden Flecks sind fehlerhafte Erklärungsansätze und damit auch untaugliche politische Maßnahmen. Die Vermögens- und Einkommenskonzentrationen können sich unbemerkt weiterentwickeln. Man könnte daher auch von einer “Nilpolitik” sprechen, von einer Politik also, die das Anwachsen des Nils unbeachtet und ungehindert zulässt und die über keine treffende Erklärung für das Ausbreiten der Wüste verfügt.
Wegen des blinden Flecks wird vor allem jeglicher Kausalzusammenhang zwischen dem Reichtum der einen und der Armut der anderen geleugnet. Jede Diskussion in dieser Richtung wird - mit vermeintlich langer Tradition (Bibel) - als Neiddiskussion abgetan. Korrekturen finden nur im sichtbaren Bereich statt.
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Politische Maßnahmen spielen sich nur im Sichtfeld ab. Gelder werden, soweit die Politik Einfluss hat, nur von einer versiegenden Quelle zu einer anderen versiegenden Quelle gelenkt. Beispiele sind die Renten- und Krankenkassenfinanzierung, Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung. Die Reichen bleiben unangetastet.
Typisch für all das sind Statements wie, man müsse die Konjunktur ankurbeln und die Arbeitslosigkeit senken, und dazu die Frage, woher die Arbeitsplätze denn kommen sollen.
Friede Springer mit Angela Merkel
(s.a. http://www.nachdenkseiten.de/?p=8146):
Seit 40 Jahren oder länger, womöglich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, herrscht die Vorstellung vor, dass jeder Mensch in Deutschland ab seiner Geburt die Chance habe, reich zu werden, - herrscht die Vorstellung, als könne es Reichtum für alle geben; es läge nur bei jedem selbst.
Nilpolitik ist anfangs unproblematisch. Die ersten Diagramme der o. g. Studie zeigen, dass anfangs genügend Geld in der Bevölkerung fließt, um den blinden Fleck schadlos überstehen zu können. Auch wenn allmählich und unbemerkt ein Meudalismus entsteht, kann die Politik schalten und walten, wie sie will. Die Parteien unterscheiden sich diesbezüglich nicht im geringsten. Ihre Maßnahmen z. B. gegen die in den 70er Jahren erkannte “Massenarbeitslosigkeit” können ohnehin nicht auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Man kann nur im Nachhinein feststellen, dass die Arbeitslosigkeit und die Staatsverschuldung im Gros weiter gewachsen ist.
Da aber seit Jahrzehnten Nilpolitik betrieben wird, wundert es nicht, dass die auch heute noch fortgesetzt wird.
(Der Absatz wurde verschoben nach hier.)
Nun erleben wir seit 2007, wie eine Wirtschaftskrise die nächste ersetzt, wobei es sich in Wahrheit um eine einzige Wirtschaftskrise handelt.
Zunächst spricht man von einer Bankenkrise, zu der sich die sehr bequeme, aber unzutreffende (siehe [Fakten/Bankenkrise] “Die amerikanische Bankenkrise und die weltweite Finanzkrise”) Meinung breitgemacht hat, die Banken hätten durch gierige Unternehmenspolitik die Krise verursacht. Tatsächlich ist die Bankenkrise eine Folge der Nilentwicklung: Das Nilmodell hat gezeigt, dass und warum in der Breite der Wirtschaftsteilnehmer (95 % der Bürger sowie die öffentlichen Haushalte, die ihre Einkünfte von diesen Bürgern beziehen) die Kaufkraft / das Geld schwindet. Das Nilmodell hat weiter gezeigt, dass der Geldschwund durch Kreditaufnahmen und damit durch Geldschöpfung eine Zeit lang (bis zum Ausschöpfen der jeweiligen Kreditwürdigkeit) kompensiert werden kann.
An dieser Stelle kommen die Kreditinstitute ins Spiel, weil überwiegend sie diese Kredite gewähren, während sie gleichzeitig das Geld der wenigen Wirtschaftsteilnehmer verwahren, bei denen sich das Geld anhäuft. Die wachsenden Bilanzsummen der Kreditinstitute spiegeln diese Entwicklung wieder. Auf der einen Seite schulden die Banken ihren reichen Kunden (vor allem unseren Meudalherren) immer größere Summen an Geld. Auf der anderen Seite wachsen die Forderungen der Banken gegen eine immer größere Zahl von Bürgern und öffentlichen Haushalten.
Das Nilmodell zeigt auch sehr deutlich, was in der Realität passiert war und weiter passieren wird: Die große Zahl der Wirtschaftsteilnehmer wird beinahe gleichzeitig zahlungsunfähig, wodurch erst die Bankenkrise ausgelöst wurde bzw. künftig noch wird. Denn den notleidenden Krediten bzw. wertlosen Forderungen der Banken stehen in beinahe gleicher Höhe Verbindlichkeiten gegenüber den reichen Meudalherren gegenüber. Die Banken wurden quasi von den wachsenden Schulden der breiten Masse und den wachsenden Verbindlichkeiten gegenüber den Meudalherren zerrissen. Es ist ein Märchen der Politik, dass eine Bankeninsolvenz die breite Bevölkerung treffen würde. Soweit dies vereinzelt der Fall ist, also Normalbürger ihre Einlagen verlieren würden, handelt es sich allenfalls um vergleichsweise winzige Beträge.
Die Nilpolitik der letzten 40 Jahre ist nun durch eine völlig neue und verfehlte politische Maßnahme gekrönt worden: durch die so genannte Bankenrettung. Bei ihr wurden und werden durch die Regierung bzw. Gesetzgebung – wirtschaftlich gesehen – in Wirklichkeit nicht die Banken gerettet, sondern die Bankguthaben unserer Meudalherren und -frauen. Es würde mich nicht überraschen, wenn aus diesem Grund Friede Springer und Freundin Angela Merkel nicht nur gemeinsam die Zeitung lasen (s. Foto oben), sondern auch Rettungspläne “für Banken” schmiedeten.
Bei uns in der Bundesrepublik Deutschland sind weitere Folgen der Nilentwicklung bzw. der Nilpolitik bislang nicht öffentlich in Erscheinung getreten, weil enorm viel neues Geld in die Volkswirtschaft gepumpt worden ist. So ist beispielsweise die Geldmenge M1 pro Haushalt von 2007 bis heute (2012) von 23.000 € auf 36.000 € geradezu explodiert. Zu der von vielen Fachleuten und Nicht-Fachleuten immer wieder prophezeiten Inflation kam und kommt es freilich deshalb nicht, weil das neu geschaffene Geld immer ganz schnell den Weg auf die Geldberge unserer Meudalherren findet und eben nicht in der breiten Volkswirtschaft verbleibt (Meudaleffekt). Im Gegenteil, es droht - wie von der Zentralbank immer wieder richtig verlautbart wird - ständig Deflation!
Bekanntlich waren inzwischen nicht nur zahlreiche Banken in die Krise geraten, sondern auch einige europäische Staatshaushalte. Die betreffenden Staaten haben Schwierigkeiten, ihre fällig gewordenen Staatsanleihen (das entspricht zur Rückzahlung fällig gewordenen Krediten) zu bedienen, weil die bisherigen Gläubiger – in der Regel auch wieder unsere Meudalherren – nicht mehr bereit sind, diesen Staaten erneut ihr Geld zu leihen.
Manche sehen zwischen beiden Krisen den Zusammenhang, dass die Staaten durch ihre Hilfe für die Banken nun selbst in die Krise geraten seien. Das ist nur zu einem geringen Teil richtig. Wie in Deutschland beruht die Staatsverschuldung dort nur zu einem geringen Teil aus den neuerlichen Ausgaben für eine “Bankenrettung”, Ausgaben, die nicht durch Einnahmen gedeckt sind. Der überwiegende Teil dieser Staatsverschuldungen beruht auf jahrzehntelanger Neuverschuldung der Staaten. Wie das Karlsruher Institut für Wirtschaftsforschung (KIWIFO) 2011 in einer Studie zu Deutschland nachgewiesen hat (http://www.kiwifo.de/html/staatseinnahmen_und_geldmenge.htm), liegt der Fehler für dieser Staatsverschuldung(en) nicht auf der Ausgabenseite (zu hohen Ausgaben), sondern auf der Einnahmenseite, weil entsprechend der Steuerpolitik das Wachstum der Einnahmen unnötigerweise mit dem im Land vorhandenen Geldmengenwachstum nicht Schritt gehalten hat. In dieser Studie wird auch deutlich, dass die Steuerpolitik immer mehr unsere Meudalherren steuerlich verschont hat, was zu der irrsinnigen Folge geführt hat, dass der Staat sich das Geld von den Reichen nicht mehr durch Steuern holt, sondern durch verzinsliche Darlehen (bzw. Staatsanleihen).
Ähnlich wie bei der “Rettung der Banken” geht es nun bei der sogenannten “Euro-Rettung” nicht um die Rettung der betroffenen Staaten oder Länder, sondern um die Rettung der fällig gewordenen Staatsanleihen, also um die Forderungen vor allem unserer Meudalherren aus solchen Staatsanleihen. Ob auch hier wieder Friede Springer mit ihrer Freundin Angela Merkel telefonierte? Ich weiß es nicht und werde mich auch hüten, das zu behaupten. Aber es würde mich nicht überraschen. Auch andere Meudalherren und Meudalisten pflegen den direkten Kontakt mit der Kanzlerin:
Nilpolitik ist inzwischen nicht mehr nur das bloße Nicht-Wahrnehmen des wachsenden Reichtums einzelner Bürger und die bloß zufällige Förderung der Kluft zwischen Arm und Reich. Inzwischen wird der Reichtum der Meudalherren von der Politik immer häufiger bewusst gefördert. Schon jeder zweite Satz eines Politikers, in dem das Wort “Investoren” erscheint, offenbart dies.
Der neue Ministerpräsident von Baden-Württemberg Stefan Mappus mit
Reinhold Würth am 20.04.2010 bei dessen 75. Geburtstag
Eine Krankheit kann man nur heilen (also mehr als nur symptomatisch behandeln), wenn man alle Ursachen der Krankheit erkannt hat. Die Welt ist freilich nicht monokausal, sondern polykausal. Doch egal ob monokausal oder polykausal: In der Politik führt ein blinder Fleck an einer entscheidenden Stelle immer zu Misserfolgen.
Es besteht aber die Hoffnung, dass diese seit Jahrzehnten andauernde Nilpolitik endet, wenn genügend Menschen die Politik darauf hinweisen. Denn!
Hierzu auch [Modelle/Geldfluss] “Die falsche Vorstellung der Volkswirte vom Geldfluss in unserer Volkswirtschaft” 2008.
Leser seit 11.7.2003:
Mittelschicht? Der Farbbalken Es handelt sich Weitere Infos |
Aktuelle Zahlen (Jan 2020): Geldmengen pro Haushalt / Vermögen & “Stundenlohn” Die 60 DM Kopfgeld 1948 Der Bruttostundenlohn aller Geldumlaufgeschwindigkeit: |
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Aktuelle Themen: Krisenpolitik - eine unendliche Geschichte |
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50 Jahre nach *Dr. Jürgen Borchert, Vorsitzender Richter am Hessischen Landessozialgericht Weitere Infos
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“Die richtigen Fragen”
Die Anstalt vom 05.04.2016 fast nur der Kritik am modernen Feudalismus gewidmet: